Krank durch Tunnelpiercings?
Machen Ohrringe Akupunkturpunkte kaputt? Und macht das dann krank? Jedenfalls lässt der ORF Oberösterreich einen Mediziner zu Wort kommen, der vor gesundheitlichen Folgen der Ohrverhübschung warnt.
Zeitungsartikel: |
Mediziner warnen vor Tunnelpiercings (7.1.2014, orf.at) |
Frage: |
Führen Ohrringe zu Beschwerden, in dem sie Akupunkturpunkte oder Meridiane zerstören? |
Antwort: |
Ohrringe führen sehr häufig zu Komplikationen, zum Glück sind die meisten davon harmlos. Ob Ohrringe jedoch auch Meridiane oder ähnliche Repräsentationspunkte von Körperregionen in der Ohrmuschel zerstören können und so zu gesundheitlichen Beschwerden führen, ist nicht in Studien untersucht. |
Beweislage: |
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Unzureichende wissenschaftliche Beweislage |
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Geschichtlich gesehen ist die Ohrakupunktur (auch Auriculotherapie genannt) noch grün hinter den Ohren: Sie entstand in den 60er Jahren in Frankreich und wurde von Paul Nogier entwickelt. In der traditionellen chinesischen Akupunktur spielte sie vorher nur eine geringe Rolle, heute ist sie jedoch als eigenständige Therapie integriert.
Der Körper im Ohr
Das Prinzip hinter den Sticheleien ist die Annahme, dass die Ohrmuschel eine Art landkartenartige Repräsentation des Körpers enthält (Somatotopie), in etwa in der Form eines auf dem Kopf stehenden Embryos [a]. Nadeln an den entsprechenden Punkten im Ohr sollen also auf jene Bereiche des Körpers wirken, die dort repräsentiert sind.
Von dieser Annahme ausgehend ist die Idee plausibel, dass Löcher im Ohrgewebe zu Symptomen in anderen Körperbereichen führen können. Wir konnten jedoch keine Studien finden, die Ohrringe und ihre Auswirkungen auf Meridiane oder Akupunkturpunkte untersucht hätten. Es gibt jedoch zahlreiche Untersuchungen zu den Nebenwirkungen von Ohrringen.
Was Ohrringe anrichten
Löcher in gesundes Gewebe zu bohren, muss nicht unbedingt schmerzhaft sein, aber laut Studien führen Ohrringe in beinahe der Hälfte der Fälle zu Komplikationen – auch wenn die Rate laut einer Übersichtsarbeit stark schwankt [1]. Zumeist ist die Sache harmlos: leichte Blutungen, etwas Schmerzen, lokale Entzündungen. Schon etwas unangenehmer sind Kontaktallergien oder eingewachsene Ohrringe. Da das Ohrläppchen von einem Lymphgefäß versorgt wird, kann es auch zu einer Vergrößerung der am Hals gelegenen Lymphknoten kommen.
In sehr seltenen Fällen entstehen gefährliche Entzündungen, die in Einzelfällen bis zu einer lebensbedrohlichen Sepsis führen können [1]. Die Autoren der Übersichtsarbeit geben folgende Empfehlungen: Das Stechen der Ohrringe unter hygienischen Bedingungen bei einem Profi machen lassen, keine Ohrringe für Kinder unter fünf Jahren oder bei Erwachsenen mit Immunerkrankungen, Diabetes oder sehr schlechter Wundheilung. Zudem sollte das Ohr vorher auf bestehende Entzündungen untersucht werden; nickelfreie Ohrringe helfen Komplikationen zu vermeiden und es sei risikoärmer, nicht durch den Knorpel zu stechen.
Was Ohrakupunktur kann
Eine Übersichtsarbeit von 2010 [2] schließt aus 17 randomisiert-kontrollierten Studien, dass die Ohrakupunktur gegen unterschiedliche Arten von Schmerzen helfen kann, wie wir am Ende dieses Beitrages schon einmal zusammengefasst haben: http://www.medizin-transparent.at/elektro-akupunktur-statt-schmerzmittel
Oft werden alternative Verfahren begleitend in der Krebstherapie eingesetzt. Ob Ohrakupunktur die Schmerzen von Krebspatienten reduzieren kann, ist noch nicht ausreichend untersucht [3].
Die Auriculotherapie wird auch in der Suchtbehandlung häufig eingesetzt [a]; ob mit Erfolg konnte jedoch nicht nachgewiesen werden. Eine Übersichtsarbeit der Cochrane Collaborationein weltweites Netzwerk von WissenschaftlerInnen und ÄrztInnen, das systematische Übersichtsarbeiten (Reviews) zur Wirkung medizinischer Behandlungen veröffentlicht. Die Mitglieder durchforsten Fachzeitschriften und andere Quellen nach Studien im jeweiligen Interessengebiet. Medizin-Transparent arbeitet eng mit der Österreichischen Cochrane-Zweigstelle (www.cochrane.at) zusammen. zum Einsatz bei Kokainabhängigkeit zeigt eine schwache Datenlage, weist aber eher in Richtung Nicht-Wirksamkeit [4].
(Autoren: J. Wipplinger, B. Kerschner, C. Christof)
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Information zu den wissenschaftlichen Studien
[1] Hendricks(1991)
Studientyp: Narrative Übersichtsarbeitfasst den Stand der wissenschaftlichen Forschung zu einer medizinischen Fragestellung aus Sicht des Autors/der Autoren zusammen. Im Gegensatz zur systematischen Übersichtsarbeit ist die Auswahl der eingeschlossenen Studien subjektiver und weniger verlässlich, wichtige Studien könnten womöglich übersehen worden sein.
Fragestellung: Komplikationen durch Ohrringe
Interessenskonflikte: Keine angegeben
Hendricks WM. Complications of ear piercing: treatment and prevention. Cutis.
1991 Nov;48(5):386-94.
Zusammenfassung
[2] Asher ua. (2010)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeitfasst den Stand der wissenschaftlichen Forschung zu einer medizinischen Fragestellung zusammen. Dabei wird darauf geachtet, möglichst alle Studien zu der betreffenden Fragestellung einzubeziehen, um ein möglichst objektives Bild zu bekommen.fasst den Stand der wissenschaftlichen Forschung zu einer medizinischen Fragestellung zusammen. Dabei wird darauf geachtet, möglichst alle Studien zu der betreffenden Fragestellung einzubeziehen, um ein möglichst objektives Bild zu bekommen. und Meta-Analyseein statistisches Verfahren, das die Ergebnisse mehrerer Studien zur selben Fragestellung zusammen nimmt und daraus ein aussagekräftigeres Ergebnis errechnet.
Anzahl eingeschlossener Studien: 17 randomisiert-kontrolliertedie hochwertigste Form einer klinischen Studie, um die Wirksamkeit einer
Behandlung zu untersuchen. Dabei werden VersuchsteilnehmerInnen
zufällig (randomisiert) der Versuchsgruppe (erhält das zu untersuchendes
Medikament) oder der Kontrollgruppe (erhält ein konventionelles oder
ein Scheinmedikament) zugeteilt. So können WissenschaftlerInnen
vergleichen, wie wirksam ein neues Medikament im Vergleich zu einer
herkömmlichen oder einer Scheintherapie ist. Die Randomisierung beugt
dabei der unabsichtlichen Verfälschung von Studienergebnissen vor. Studiendie hochwertigste Form einer klinischen Studie, um die Wirksamkeit einer
Behandlung zu untersuchen. Dabei werden VersuchsteilnehmerInnen
zufällig (randomisiert) der Versuchsgruppe (erhält das zu untersuchendes
Medikament) oder der Kontrollgruppe (erhält ein konventionelles oder
ein Scheinmedikament) zugeteilt. So können WissenschaftlerInnen
vergleichen, wie wirksam ein neues Medikament im Vergleich zu einer
herkömmlichen oder einer Scheintherapie ist. Die Randomisierung beugt
dabei der unabsichtlichen Verfälschung von Studienergebnissen vor.
Teilnehmer: insgesamt 1014 Patienten mit chronischen, akuten oder operationsbedingten Schmerzen
Fragestellung: Ist die Behandlung von Schmerzen mit verschiedenen Ohr-Akupunkturmethoden effektiver als Schein-Akupunktur, üblicher oder gar keine Behandlung?
Interessenskonflikte: Keine angegeben
Auriculotherapy for pain management: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials“. J Altern Complement Med. 2010 Oct;16(10):1097-108.
Studie im Volltext
[3] Paley ua. (2011)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeitfasst den Stand der wissenschaftlichen Forschung zu einer medizinischen Fragestellung zusammen. Dabei wird darauf geachtet, möglichst alle Studien zu der betreffenden Fragestellung einzubeziehen, um ein möglichst objektives Bild zu bekommen.fasst den Stand der wissenschaftlichen Forschung zu einer medizinischen Fragestellung zusammen. Dabei wird darauf geachtet, möglichst alle Studien zu der betreffenden Fragestellung einzubeziehen, um ein möglichst objektives Bild zu bekommen. der Cochrane Collaborationein weltweites Netzwerk von WissenschaftlerInnen und ÄrztInnen, das systematische Übersichtsarbeiten (Reviews) zur Wirkung medizinischer Behandlungen veröffentlicht. Die Mitglieder durchforsten Fachzeitschriften und andere Quellen nach Studien im jeweiligen Interessengebiet. Medizin-Transparent arbeitet eng mit der Österreichischen Cochrane-Zweigstelle (www.cochrane.at) zusammen.
Anzahl eingeschlossener Studien: 3 randomisiert-kontrolliertedie hochwertigste Form einer klinischen Studie, um die Wirksamkeit einer
Behandlung zu untersuchen. Dabei werden VersuchsteilnehmerInnen
zufällig (randomisiert) der Versuchsgruppe (erhält das zu untersuchendes
Medikament) oder der Kontrollgruppe (erhält ein konventionelles oder
ein Scheinmedikament) zugeteilt. So können WissenschaftlerInnen
vergleichen, wie wirksam ein neues Medikament im Vergleich zu einer
herkömmlichen oder einer Scheintherapie ist. Die Randomisierung beugt
dabei der unabsichtlichen Verfälschung von Studienergebnissen vor. Studiendie hochwertigste Form einer klinischen Studie, um die Wirksamkeit einer
Behandlung zu untersuchen. Dabei werden VersuchsteilnehmerInnen
zufällig (randomisiert) der Versuchsgruppe (erhält das zu untersuchendes
Medikament) oder der Kontrollgruppe (erhält ein konventionelles oder
ein Scheinmedikament) zugeteilt. So können WissenschaftlerInnen
vergleichen, wie wirksam ein neues Medikament im Vergleich zu einer
herkömmlichen oder einer Scheintherapie ist. Die Randomisierung beugt
dabei der unabsichtlichen Verfälschung von Studienergebnissen vor.
Teilnehmer insgesamt: 204
Fragestellung: Ohrakupunktur in der Schmerzbehandlung von Krebspatienten
Interessenskonflikte: Keine angegeben
Paley CA, Johnson MI, Tashani OA, Bagnall AM. Acupuncture for cancer pain in adults. Cochrane Database of Systematic Reviews 2011, Issue 1. Art. No.: CD007753.
Zusammenfassung
[4] Gates ua. (2006)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeitfasst den Stand der wissenschaftlichen Forschung zu einer medizinischen Fragestellung zusammen. Dabei wird darauf geachtet, möglichst alle Studien zu der betreffenden Fragestellung einzubeziehen, um ein möglichst objektives Bild zu bekommen.fasst den Stand der wissenschaftlichen Forschung zu einer medizinischen Fragestellung zusammen. Dabei wird darauf geachtet, möglichst alle Studien zu der betreffenden Fragestellung einzubeziehen, um ein möglichst objektives Bild zu bekommen. der Cochrane Collaborationein weltweites Netzwerk von WissenschaftlerInnen und ÄrztInnen, das systematische Übersichtsarbeiten (Reviews) zur Wirkung medizinischer Behandlungen veröffentlicht. Die Mitglieder durchforsten Fachzeitschriften und andere Quellen nach Studien im jeweiligen Interessengebiet. Medizin-Transparent arbeitet eng mit der Österreichischen Cochrane-Zweigstelle (www.cochrane.at) zusammen.
Anzahl eingeschlossener Studien: 7 randomisiert-kontrolliertedie hochwertigste Form einer klinischen Studie, um die Wirksamkeit einer
Behandlung zu untersuchen. Dabei werden VersuchsteilnehmerInnen
zufällig (randomisiert) der Versuchsgruppe (erhält das zu untersuchendes
Medikament) oder der Kontrollgruppe (erhält ein konventionelles oder
ein Scheinmedikament) zugeteilt. So können WissenschaftlerInnen
vergleichen, wie wirksam ein neues Medikament im Vergleich zu einer
herkömmlichen oder einer Scheintherapie ist. Die Randomisierung beugt
dabei der unabsichtlichen Verfälschung von Studienergebnissen vor. Studiendie hochwertigste Form einer klinischen Studie, um die Wirksamkeit einer
Behandlung zu untersuchen. Dabei werden VersuchsteilnehmerInnen
zufällig (randomisiert) der Versuchsgruppe (erhält das zu untersuchendes
Medikament) oder der Kontrollgruppe (erhält ein konventionelles oder
ein Scheinmedikament) zugeteilt. So können WissenschaftlerInnen
vergleichen, wie wirksam ein neues Medikament im Vergleich zu einer
herkömmlichen oder einer Scheintherapie ist. Die Randomisierung beugt
dabei der unabsichtlichen Verfälschung von Studienergebnissen vor.
Teilnehmer insgesamt: 1433
Fragestellung: Ohrakupunktur zur Behandlung von Kokainsucht
Interessenskonflikte: Keine angegeben
Gates S, Smith LA, Foxcroft D. Auricular acupuncture for cocaine dependence. Cochrane Database of Systematic Reviews 2006,
Zusammenfassung
Weitere Quellen
[a] Bucek 1994
Lehrbuch der Ohrakupunktur, HAUG Verlag